Bernd Seestaedt   (1.Oktober 2004)

Petrarcas Liebe

   

Francesco Petrarca (* 1350)

Sonett

Es heisst abfällig,
das war jener Mann,
der, was er nie besitzen durfte,
nur besang.

Sein Loblied auf die Holde
kennt die Welt,
doch was er litt,
hat niemand uns bestellt.

Ging Seit an Seit er,
still verträumt in Laubengängen?
Hat er die Hand gestreichelt,
als sie lag zu Tisch?

Im tiefen Augenspiel,
selbst auch in lauter Runde,
den Wunsch ihr abzulesen,
von dem Munde,
den er nie küsste.
Spürt er nie Gelüste?

Bestimmte sie die Regeln
und machte ihn zum Wicht?
Wo nachts er lag und litt,
kam nie ans Tageslicht.

Lag er bei Ihr?
Diener fort.
Hand in Hand.
Wang an Wang.
Stilles Wort,
zitternd Espenlaub.

Viel, so viel.
Und nichts mehr.

Oft zu früh erwacht,
den Sinn ihrer
Capricen auszulesen.
Zuviel an sie gedacht?
Für Lauren, Beatricen
fühlt er bestimmt
sein Wesen.

Dezennien hielt er Treu.
Noch ihrem letzten Hauch
lieh er Gesang.

Dem, der nie mehr genoss,
als Wang an Wang,
Petrarca sei gedacht.

               

Ich find nicht Frieden und bin nicht im Kriege
ich fürcht und hoffe, brenne und bin Eis,
gefällt am Boden ich zum Himmel fliege,
und fasse nichts und halt der Erde Kreis.

 

Sie sucht mich nicht, in deren Haft ich liege,
es hält ihr Band, von dem sie doch nichts weiss;
nicht Tod noch Freiheit bringen Amors Siege
und geben mir mein Leben nicht zum Preis.

 

Ich sehe augenlos, ruf ohne Mund
ersehn den Untergang, um Hilfe flehend,
ich hasse mich und liebe sie zugleich;

die Wonne kränkt mich, Schmerz macht mich gesund,
mit gleichem Gram Sein und Vergehen sehend -
in diesem Stand, Herrin, bin ich durch Euch.


Bernd Seestaedt
Last modified: Mon Jun 25 14:37:09 MEST 2007