1991-1996    Forschungstätigkeit als Informatiker an der Universität Bielefeld
     "Ich möchte nach dort"          
     "Ich möchte nach Dortmund"   
      ein zulässiger Satz im Wortgraphen     
      der tatsächlich gesprochene Satz   

Der 1. Satz wird von herkömmlichen Parsern als grammatisch akzeptiert, erbringt aber keine echte Zuganfrage. Die semantische Netzkonzeption unterstellt den Parser einer pragmatische Komponente, die etwas von Städten/Bahnhöfen "versteht". Klarerweise verliert ein solches Computersystem an Universalität.
Das Erkennen/Verstehen der notwendig begrenzten Universalität von Computer-Anwendungsprogrammen- und systemen, ja des Computers i.A. selbst ist eine Domäne des forschenden Informatikers und heutzutage beleibe nicht Allgemeingut. Das kann und muss sich ändern.
Die Tiefenstruktur eines Satzes, in welcher Form auch immer computer-codiert, ist eine Erschliessung der eigentlichen themen-relevanten "Botschaft" des Satzes. Sie schliesst überflüssige Wortpartikel ebenso aus wie andere verhüllende Aspekte der Oberflächenform des Satzes, d.h. seiner tatsächlichen Form, also z.B. auch der gegebenen Reihenfolge der Worte, deren Umstellung den Inhalt gegebenfalls unverändert lässt. Für einen Computer i.U. zum Menschen sind das auf jeden Fall verschiedene Sätze. Das Heraushören der Tiefenstruktur ist eine "humane Kunstleistung", die meist erst wieder beim Erlernen von Fremdsprachen problematisch wird. Das Thema des humanen (nicht computermässigen) Spracherwerbs ist daher ein dauerhaftes Parallel-Thema eines Forschers in diesem Arbeitsfelde.
Das Thema der semantischen Netze als praktikable Form der Wissensspeicherung in Computern ist in der Periode der abgeklungenen KI-Euphorie bisher kaum in die Öffentlichkeit gedrungen. Es gewinnt gegenwärtig neues Interesse in Form der sog. "ontologischen" Suche im WWW. Auch "semantic mining" figuriert als Schlagwort in der Universitäts-Szene. Dabei steht das der Philosophie entlehnte Attribut zunächst mal für den Aufputz der vermeintlich höheren Suchleistung für alle Arten semantisch-gestützter Text-Durchsuchung, simpel alles was über blosse Stichwort-Suche hinausgeht. Das ist ein weites, offenes Feld, auch für alle Arten angeblicher "Kunstleistungen" mittels Computer.


Bernd Seestaedt
Last modified: Mon Jun 25 14:50:45 MEST 2007